Zündfunk retten:Pressemitteilung

aus sub-bavaria, dem Internet-Lexikon der bayerischen Subkulturen
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Pressemitteilung der Initiative „Zündfunk retten!“ vom 18. April 2006:

Aus für den Zündfunk?

Das erfolgreiche und vielfach preisgekrönte Jugendmagazin von Bayern2Radio soll nach Plänen des Bayerischen Rundfunks zerschlagen werden und im digitalen Nirwana verschwinden. Der Widerstand der Hörer gegen die am 27. April erwartete Entscheidung des BR-Hörfunkausschusses formiert sich.

Wie am 11. April durch einen Artikel im Internet-Magazin Telepolis bekannt wurde, soll das seit 1974 auf Bayern2Radio sendende Jugendmagazin Zündfunk abgeschafft werden. Stattdessen soll ab 2007 eine neue Jugendwelle quasi ohne Hörer auf einer erfolglosen Digitalradioplattform senden. Der Zündfunk wird von seinen Hörern dafür geschätzt, dass er seit über 30 Jahren eine unabhängige, unbequeme und kritische Insel im bayerischen Hörfunk darstellt und zugleich immer wieder neue Musikszenen entdeckte und förderte. Das Ende des Zündfunks wäre eine fatale medienpolitische Entscheidung: Bayern würde damit das letzte anspruchsvolle journalistische Programm für eine junge Zielgruppe verlieren.

Selbst die so nicht vorgesehene Verlagerung des Zündfunk-Konzepts auf eine digitale Frequenz käme dessen Tod gleich, denn bislang kommen deutschlandweit auf 150 Mio. UKW-Empfänger nur 50.000 DAB-Geräte – ein Verhältnis von 1 zu 3000. Die Umstellung der durchschnittlich 4 Radioempfänger pro Haushalt von billigen UKW-Empfängern auf teuere DAB-Geräte würde die Hörer mindestens 800 Euro kosten. Hinzu kommt, dass sich immer mehr Sender aus dem europaweiten DAB-Projekt zurückziehen.

Die Hörer-Initiative „Zündfunk retten!“ fragt: Soll hier eine kritische Stimme mundtot gemacht werden? Wir fordern: So lange es keinen eigenen Jugendsender auf UKW gibt bleibt der Zündfunk auf Bayern2Radio! Der öffentlich-rechtliche Sendeauftrag lautet schließlich Grundversorgung für alle Hörer, nicht nur für die, die sich teuere Technik leisten können.

Die Vorgeschichte der Jugendwelle

Seit Ende letzten Jahres war eine Jugendwelle des Bayerischen Rundfunks auf UKW in Diskussion, eine Entwicklung, die alle anderen 8 ARD-Stationen seit 1986 vollzogen haben. In einem Interview des Rheinischen Merkurs vom 26. Januar 2006 sagte Intendant Thomas Gruber: „Ich finde es nicht verwerflich, sich vorzustellen, einem attraktiven, jungen Programm die UKW-Frequenz [von Bayern4Klassik] zu geben und ein sehr viel kleineres, anspruchsvolles Klassik-Publikum, das jetzt schon in erheblicher Zahl auf das Kabel zurückgreift, auf digitalem Weg zu bedienen.“ Nach Protesten des Bayerischen Musikrats, des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) gab es auch eine klare Absage von BLM-Präsident Wolf-Dieter Ring am 9. Februar: „Wir müssen diesen Ideen, wie schon seit vielen Jahren, ganz energisch widersprechen. Wenn dies realisiert wird, werden der lokale Hörfunk in Bayern und Antenne Bayern größte Probleme bekommen.“

Daraufhin ruderte Thomas Gruber zurück und erklärte am 29. März in der Fernsehdiskussion „BR unterwegs“, dass die für 2007 geplante Jugendwelle nur auf DAB senden würde. Dazu würde der bereits existierende digitale Musiksender "Das Modul" ausgebaut.

Wie man aus dem BR hört, wurde Mitarbeitern des Zündfunk drei Optionen vorgeschlagen: Einige könnten zur neuen Jugendwelle mitgehen, einige könnten bei Bayern2Radio bleiben und einige würden gehen müssen.

Die Bedeutung des Zündfunks

Der Zündfunk sendet werktags 1 ½ Stunden Magazinprogramm und eine Stunde Nachtmix. Ergänzt wird dies durch Feature- und Musiksendungen am Wochenende.

Dieser Sendung ein Gesicht verleihen engagierte Journalisten, die die jugendkulturellen Szenen nicht nur von außen kennen. So zählen beispielsweise der Suhrkamp-Autor und DJ Thomas Meinecke und der Popkritiker Karl Bruckmaier zum Team.

Darüber hinaus hat der Zündfunk nicht nur immer wieder journalistische Talente hervorgebracht wie Sandra Maischberger und die heutig RBB-Intendantin Dagmar Reim, er war auch vorne dabei bei den Berichten über Wackersdorf und die Anti-AKW-Proteste, und hatte als erstes Sondersendungen in den 80ern zu Computerthemen und in den 90er zu Techno.

In einer Pressemeldung zum 30jährigen Jubiläum schrieb BR: „Max Goldt, Rainald Goetz, Friedrich Ani, Romuald Karmakar, Herbert Achternbusch, Elfriede Jelinek haben hier gelesen und getalkt, als sie noch kaum einer kannte“

Über CD-Compilations und eine eigene kostenlose MP3-Plattform, sowie die Konzertreihe „Bavarian Open“ entdeckte und förderte der Zündfunk kontinuierlich Bands und Musiker aus der Region wie The Notwist, Console, Lali Puna und die Sportfreunde Stiller. Ulrich Stock schrieb 2005 in der ZEIT: „Für das Ansehen des Bayerischen Rundfunks unter Musikfreunden ist die Sendung unbezahlbar – anderswo wäre sie längst abgeschafft.“ Selbst der bayerische „Kunstminister“ Thomas Goppel betonte laut einer Pressemeldung seines Ministeriums in einer Rede zur Verleihung des Staatspreises „Pick Up 2003“ die „wichtige Rolle, die der ZÜNDFUNK des Bayerischen Rundfunks für die lebendige und vielfältige bayerische Rock- und Popmusikszene spielt“. In diesem Sinne argumentierte auch BR-Hörfunkdirektor Johannes Grotzky in der ZEIT 2005: „Vielfalt im weitesten Sinne ist das Wichtigste, was man überhaupt braucht.“

Der Zündfunk als Jugendwelle auf UKW mit angemessener finanzieller Ausstattung hätte die Konsequenz daraus sein müssen. Wie ernst waren aber diese Worte gemeint, wenn ein Jahr später die Redaktion hemmungslos zerschlagen und die Reichweite gegen Null gefahren wird?

DAB: Eine gescheiterte Technologie?

DAB ist eine digitale Radiotechnologie, zwischen 2010 und 2015 bundesweit den analogen UKW-Rundfunk ablösen sollte. Die Einführung von DAB in Deutschland wurde aus standortpolitschen Gründen federführend von den süddeutschen Bundesländern vorangetrieben. Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass das erste Pilotprojekt 1995 in Bayern gestartet wurde und 1999 DAB in Bayern und Baden-Würtemberg in den Regelbetrieb überging. Bisher konnte sich jedoch der neue Standard nicht bei den Hörern durchsetzten. Seit 2001 lassen die norddeutschen Sender ihr Engagement ruhen, 2002 verabschiedete sich der Hessische Rundfunk aus dem Projekt. Der Hamburger Politologe und Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber schätzte 2001, das allein bis dahin 400 Mio. DM an Fördergeldern in die Entwicklung von DAB flossen.

Kritiker bemängeln, dass der ab 1987 entwickelte Standard inzwischen überholt, Empfangsgeräte zu teuer, die Einführungsstrategie konfus und der Empfang nur für das Autofahren optimiert sei. Letzteres steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass nach einer GfK-Untersuchung lediglich 15% des Radiohörens im Auto stattfinden.

Experten bezeichnen die Technologie daher als gescheitert. Prof. Kleinsteuber ist sogar der Auffassung, dass DAB in den nächsten Jahren „auf dem Friedhof hoffnungsfroher aber von den Märkten und den Nutzern nicht akzeptierter Medientechniken entsorgt wird.“

Kontakt

Alle Informationen über die Initiative „Zündfunk retten!“, sowie Quellenangaben unter www.zuendfunk-retten.de

Ansprechpartner: Patrick Gruban

Tel.: 089/ 96290639 und 0170/8390407

E-Mail: patrick@gruban.de