Müller-Tapes

aus sub-bavaria, dem Internet-Lexikon der bayerischen Subkulturen
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Nach meiner Band-Frühphase Ende der 80er im Raum Cham/Roding mit der Gruppe MADCAP (60ies-Covers und Eigenkompositionen in Richtung Bluesrock), schloss ich mich, zusammen mit meinem Freund und Schlagzeuger Sami Qreini der Regensburger Band Baby You Know an, die damals schon Kultstatus erlangt hatte, aufgrund zweier herausragender Alben, wovon eines von Robert Forster (Go-Betweens) produziert wurde. Zusammen nahmen wir 1994 in den Rose Corner Studios in Roseneck bei Landshut, das dritte Album "Last Night at the Kinobar" auf (benannt nach der legendären Kinokneipe im Osten Regensburgs), welches auf dem Münchner Label Veracity erschien. Karl Bruckmaier vom Zündfunk war diesmal als Produzent beteiligt, als auch Thomas Meinecke (Zündfunk, FSK) als Gastmusiker mit seiner Lapsteel. Wir gingen dann 95 mit Lorette Velvette aus Memphis auf Deutschland/Österreich-Tour und spielten u.a. im Vorprogramm von Townes Van Zandt.

Ende 95 zog es mich dann nach Berlin und von dort aus in die USA, wo ich ein halbes Jahr als Straßenmusiker herumtingelte. Zurück in Regensburg sehnte ich mich dann wieder nach so etwas wie einem Studio, wo ich meinen Folk-Sound um eine elektronische Variante erweitern konnte. Dass es zu dieser Zeit schon den Begriff "Folktronics" gab (siehe MOMUS u.a.), wusste ich damals nicht. Ich fand nördlich von Regensburg einen Bauernhof, namens Schinderwies, der schon eine weit zurückreichende WG/Künstler-Kommunen-Tradition aufweisen konnte, und mietete mich ein.

In einem Zimmer zwischen Küche und Wohnzimmer richtete ich mir dann mein eigenes Homerecording-Studio ein. da stand schon eine Heimorgel und nach und nach besorgte ich mir noch weiteres Flohmarkt-Equipment. In den Jahren 97/98 nahm ich dann ca. 10 verschiedene Tapes unter dem Namen MÜLLER auf, die in Kleinstauflagen in Regensburg kursierten. Der Sound auf den Müller-Tapes reichte von bizarren Klangexperimenten mit diversen Synthesizern und Orgeln, bis hin zu einfachem Songwriting mit der Akustikgitarre (der Abschluss dieser Phase war das "Nose Songs"-Projekt, eine Persiflage auf Bob Dylan-Songs aus dem Blonde On Blonde-Album). Eine große Hilfe war damals Isolde von Reusner, die gerade ihren eigenen Plattenladen "Swampland" in Regensburg eröffnet hatte. Sie bot meine Tapes zum Verkauf an und hing auch meine selbstkopierten Poster im Laden auf. Darüberhinaus begannen wir, kleine Spontan-Konzerte im Plattenladen zu veranstalten. Zunächst versuchte ich mich als Karaoke-Rap-Derwisch oder mit der Klampfe. Danach luden wir auch andere Bands zu den "Swampland Sessions" ein, woraus wiederum die ersten Künstler hervorgingen, die dann auf dem Label Schinderwies veröffentlichten. Mikrofisch, KAUFHAUS, Plus Ganzwind, Herztechnik...zunächst mit selbstgebrannten CDs und ausgedruckten Covers. Das war 2001. Im Herbst 2002 ließen Isolde und ich dann das PLUS GANZWIND-Album richtig pressen und bei Hausmusik vertreiben. das war der Startschuss von Schinderwies als Label.

Archie Müller


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