Erich Mühsam

aus sub-bavaria, dem Internet-Lexikon der bayerischen Subkulturen
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Erich Mühsam war Dichter, Anarchist, Revolutionär und der erste, der Bayern zur Republik proklamierte.

Die 1989 gegründete Erich-Mühsam-Gesellschaft baut ein Archiv auf, schafft ein Erich-Mühsam-Museum in Lübeck, veranstaltet Lesungen und Inszenierungen, Vorträge und Seminare, fördert die wissenschaftliche Forschung, gibt eine Schriftenreihe heraus und vergibt regelmäßig den Erich-Mühsam-Preis.

  • Kontakt: Buddenbrockhaus, Mengstraße 4, 23552 Lübeck.

Bio:

  • 1878 Mühsam ist in Berlin geboren und in Lübeck aufgewachsen.
  • 1896 Relegierung vom Gymnasium wegen „sozialistischer Umtriebe“; Apothekerlehre in Lübeck, Apothekergehilfe in Lübeck, Blomberg und Berlin.
  • 1900 Apothekergehilfe in Lübeck, Blomberg/Lippe und Berlin.
  • 1901 freier Schriftsteller; Bekanntschaft mit Gustav Landauer, Peter Hille, Paul Scheerbart u.a.
  • 1902 Erste Auftritte in den Berliner Kabaretts (Hungriger Pegasus und Cabaret zum Peter Hille); erste Gedichte im Wahren Jacob, Umzug nach Friedrichshagen bei Berlin; Kontaktaufnahme zu anarchistischen Gruppen.
  • 1903 wegen politischer Betätigung unter Polizeiaufsicht.
  • 1904 Beginn der Wanderjahre durch Italien, Frankreich, Österreich und die Schweiz; in Wien Bekanntschaft mit Roda-Roda, Peter Altenberg und Karl Kraus.
  • 1905 Längerer Aufenthalt auf dem Monte Veritá in Ascona.
  • 1906 Engagements an Wiener Kabaretts.
  • 1908 Übersiedelung nach München.
  • 1909 Auftritte als Kabarettist am Simplizissimus; Mitarbeit an der satirischen Zeitschrift Simplicissimus; Bekanntschaft mit Frank Wedekind, Franziska Gräfin zu Reventlow, Heinrich Mann, Ringelnatz ...
  • 1911 Gründung der Monats-Zeitschrift Kain. Zeitschrift für Menschlichkeit; diese erscheint bis 1914 und nach der Novemberrevolution 1918/19.
  • 1912 Eintritt in den Schutzverband deutscher Schriftsteller (SDS).
  • 1914 Beginn des Ersten Weltkrieges.
  • 1915 Eheschließung mit Kreszentia (Zenzl) Elfinger. Bis zum Kriegsende pazifistische Aktionen.
  • 1918 Internierung in Traunstein. Im November: REVOLUTION!
  • Harry Kahn schreibt 1928: „Ich persönlich sehe Erich Mühsam immer, wie er am 7. November 1918 an der Seite seiner ebenso handfesten wie herzensgütigen Frau aus dem Tramwagen springt und geschwungenen Regenschirms zur Türkenkaserne rennt, um die vor den geschlossenen Toren der Hochburg des königlich bayerischen Militarismus stockenden Revolutionäre anzufeuern, die erst lachenden, dann nachdenklich werdenden Soldaten zum Anschluss an seine Leute aufzufordern. Ich glaube keine Geschichtsklitterung zu treiben, wenn ich sage, dass ohne Mühsams Eingreifen in jener Minute die Sache des Münchner und damit des gesamten deutschen Umsturzes zumindest auf das Verhängnisvollste verzögert worden wäre; denn es kam damals alles darauf an, diese letzte und wichtigste Machtposition der alten Gewalten auszuschalten. Das aber ist der ganze Mensch: mit einem Regenschirm auf die Barrikade!“ (Harry Kahn, Fünfzigjährige, in: Die Weltbühne 19 vom 8.5.1928, Seite 725 f.)
  • Am 7. Juli 1919 berichtet Mühsam vor dem Standgericht der konterrevolutionären Truppen: „Vor der Türkenkaserne gewahrte ich, dass einzelne Soldaten ihre Gewehre entzwei schlugen, auch erfuhr ich, dass mit Reizgas geschossen worden sei. Plötzlich befand ich mich auf einem Lastauto und sprach zu den Massen. Ich war der erste, der nachmittags 5 Uhr die Absetzung der Monarchie verkündete. Ich kleidete das in die Worte: In diesem Augenblick proklamieren wir Bayern zur Republik, geleitet von seinen Arbeiter- und Soldatenräten. Alle waren mit Befriedigung erfüllt, dass man keinen König mehr anzuhochen brauchte und dass der Krieg zu Ende geht. Ich unternahm sodann die Führung auf dem Auto und fuhr zu verschiedenen Kasernen ...“ (Erster Verhandlungstag im „Hochverratsprozess gegen Mühsam und Genossen“ am 7.7.1919, Münchner Neueste Nachrichten 263, Morgenausgabe vom 8. Juli 1919, Seite 4.)

Mühsam erinnert sich, an diesem Abend sieben zur Revolution aufrufende Reden gehalten zu haben und hinterher so heiser gewesen zu sein, dass er kein Wort mehr herausbrachte. In den folgenden Monaten wirkt er als Mitglied des Zentralrates der Arbeiter, Bauern und Soldaten. Am 6. April 1919 verfasst er gemeinsam mit Gustav Landauer die Proklamation der Räterepublik Baiern. Anfang Mai marschieren die „weißen“ Truppen in München ein und richten ein Blutbad an. Das konterrevolutionäre Standgericht verurteilt Mühsam zu 15 Jahren Festung; nach sechs Jahren Haft wird er aus der Festung Niederschönenfeld mit bleibenden gesundheitlichen Schäden entlassen.

  • 1921 Uraufführung: Judas. Ein Arbeiterdrama.
  • 1924 Haftentlassung; neuer Wohnsitz ist Berlin.
  • 1925 Mitarbeit in der Roten Hilfe Deutschlands.
  • 1926 Beginn der Herausgabe der anarchistischen Monatsschrift Fanal, die bis zum Juli 1931 erscheint.
  • 1927 Mitglied im künstlerischen Beirat der Piscator-Bühne. Fortsetzungsserie für die Vossische Zeitung (25 Folgen): Unpolitische Erinnerungen.
  • 1929 Uraufführung: Staatsräson. Ein Denkmal für Sacco und Vanzetti.
  • 1932 Teilnahme an Aktionen gegen Krieg und Faschismus.
  • 1933 Rede auf der letzten Versammlung der Berliner Ortsgruppe des SDS; Verhaftung durch die SA; grausame Misshandlungen und Folter.
  • Am 10. Juli 1934 wird Mühsam im Konzentrationslager Oranienburg bei Berlin ermordet.

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